Übersicht

Krankheitsbilder

Nachfolgend sind einige ausgewählte Krankheitsbilder der primären Immundefekte beschrieben:

Das Hyper-IgM-Syndrom ist eine Immunschwäche aufgrund einer Störung in der humoralen Immunantwort. Bei der häufigsten Form des HIGM liegt eine Mutation vor, die den CD40-Liganden betrifft. Dieses Protein ist für die Wechselwirkungen zwischen T- und B-Zellen essentiell. Die Zellen selbst erscheinen normal, es kann aber nicht zu einer Aktivierung der B-Zellen durch die T-Zellen kommen und der sog. Isotypwechsel kann nicht ausgelöst werden. Dieser ist erforderlich, damit die Zellen reifen und im Krankheitsverlauf IgG-Antikörper produzieren können. Die Patienten haben dadurch eine gestörte Antikörperantwort und sind besonders anfällig für Infektionen mit extrazellulären Erregern, wie z.B. Pneumocystis carinii. Im Blut sind normal hohe Spiegel des Immunglobulins M (IgM) nachweisbar, allerdings nur sehr wenig bis gar keine Immunglobuline G und A (IgG und IgA). Es können bei den Patienten nach Impfung keine IgG-Antikörpertiter nachgewiesen werden. 5

Die Ursachen für eine variable Immunschwäche können vielfältig sein und sind bis heute in den meisten Fällen noch nicht vollständig geklärt. Es ist aber z.B. eine Mutation im ICOS-Gen bekannt, die Auswirkungen auf die T- und B-Zell-Funktionalität hat.

Auch beim CVID liegt vor allem ein Defekt in der Antikörperbildung vor, wodurch es zu einem Mangel an den Immunglobulinen IgG, IgA, IgM sowie IgG-Subklassen im Blut kommt. Es können bei den Patienten nach Impfung keine IgG-Antikörpertiter nachgewiesen werden.

Da das Krankheitsbild häufig nicht so schwerwiegend ist wie bei den meisten anderen Immunschwächesyndromen, wird bei CVID die Diagnose oft erst im Erwachsenenalter gestellt. 5

Störungen in der T-Zell-Entwicklung verhindern zum einen die Einleitung einer T-Zell-abhängigen Antikörperantwort und zum anderen eine funktionale zelluläre Immunantwort. Die Patienten haben also generell keine schützende Immunität und sind allen Infektionserregern ohne Abwehrmechanismen ausgesetzt. Wird die Krankheit nicht frühzeitig erkannt, sterben Kinder häufig innerhalb des ersten Lebensjahres an diesen Infektionen. Es ist unerlässlich Patienten mit SCID eine Knochenmarkspende sowie Antikörper zukommen zu lassen, um eine Immunabwehr zu ermöglichen. Die Ursachen für SCID können Mutationen in verschiedenen Genen sein, z.B. eine Veränderung im RAG-Gen, die dazu führt, dass die Entwicklung der Lymphozyten frühzeitig abgebrochen wird. Diese Patienten zeichnen sich durch das relative oder absolute Fehlen von T- und/oder B-Zellen aus. 5
Ein Defekt des btk-Gens auf dem X-Chromosom verhindert die Reifung von B-Zellen, wodurch es zu einer eingeschränkten (bei Frauen) oder völlig fehlenden (bei Männern) Antikörperantwort kommt. Patienten leiden häufig an regelmäßig wiederkehrenden Infektionen mit z.B. Streptococcus pneumoniae und anderen eiterbildenden Bakterien. Im Blut können nur wenige bis gar keine Immunglobuline (IgG, IgA und IgM) nachgewiesen werden, auch die Anzahl der B-Zellen ist stark bis vollständig vermindert. 5
Zunächst als Defekt in der Blutgerinnung beschrieben, stellte sich WAS später auch als ein Immunschwächesyndrom dar. Eine Mutation im WAS-Gen führt bei dieser Erkrankung zu einer Beeinträchtigung der Blutplättchen sowie der Lymphozytenfunktion. Im jungen Lebensalter zeigen sich vor allem Thrombozytopenien, also Thrombozytenverminderungen, und verminderte IgM-Antikörper im Blut. Antikörper nach Impfungen werden nur stark vermindert gebildet oder sind nicht nachweisbar. Im Verlauf (meist ab dem sechsten Lebensjahr) treten dann auch (schwere) Lymphozytopenien, also ein Mangel an Lymphozyten im Blut, auf. Die Patienten leiden neben der Gerinnungsstörung an gehäuft auftretenden Infektionen, insbesondere mit bekapselten Bakterien, wie z.B. Pneumokokken. 5

[4]

Vgl. API und DGfI (10/2017): Leitlinie „Diagnostik auf Vorliegen eines primären Immundefekts“- Abklärung von Infektionsanfälligkeit, Immundysregulation und weiteren Symptomen von primären Immundefekten -. Langversion 10/2017. AWMF-Register-Nr. 112-001.

Verfügbar: www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/112-001.html 
(Zugriff am 01.06.2022).

[10]

Töpfner, N., et al., [Recommendation for standardized medical care for children and adolescents with long COVID]. Monatsschr Kinderheilkd, 2022. 170(6): p. 539-547

[9]

S1-Leitlinie Post-COVID/Long-COVID (Stand 17.08.2022, AWMF-Register Nr. 020/027)

Verfügbar: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/020-027.html
(Zugriff am 17.10.2022)

[8]

Dr. Sebastian Pfeiffer, „Vortrag in Bad Oeynhausen im April 2013 zum Thema: Immunologische Diagnostik bei Burn-Out “.

Verfügbar: https://www.immudoc.de/publikationen/
(Zugriff am 27.07.2022)

[7]

Deutsche Gesellschaft für ME/CFS e.V.,

Verfügbar: https://www.mecfs.de/
(Zugriff am 27.07.2022)

[6]

Vgl. Deutsche Selbsthilfe Angeborene Immundefekte e.V.: „Immundefekte erkennen und behandeln“. Stand: 2019.

Verfügbar: www.dsai.de/publikationen/broschueren-und-flyer/
(Zugriff am 13.05.2022).

[5]

Murphy, Travers, Walport „Janeway Immunologie“, 7. Auflage 2009, Spektrum Verlag Heidelberg

[3]

Deutsche Selbsthilfe Angeborene Immundefekte e.V.: „Diagnose: angeborener Immundefekt“ – Ein Leitfaden für Ärzte zur Erstdiagnostik. Stand: 2015.

Verfügbar: www.dsai.de/publikationen/broschueren-und-flyer/ 
(Zugriff am 13.05.2022).

[2]

Vgl. Octapharma GmbH: Sekundäre Immundefekte und ihre Therapie im Überblick. Stand: 2022.
Verfügbar: www.immundefekte.info/immundefekt/aktuelles/meldungen/Sekundaere-Immundefekte-und-ihre-Therapie-im-Ueberblick.php
(Zugriff am 24.06.2022).

[1]

API und DGfI (10/2017): Leitlinie „Diagnostik auf Vorliegen eines primären Immundefekts“- Abklärung von Infektionsanfälligkeit, Immundysregulation und weiteren Symptomen von primären Immundefekten -. Langversion 10/2017. AWMF-Register-Nr. 112-001.

Verfügbar: www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/112-001.html
(Zugriff am 01.06.2022).